Oshkosh

Vier auf einen Streich: die NeunundzwanzigSechs-Autoren Wolf Czaia, Günther Rall, Bud Anderson und Kurt Braatz…

…nach einem Vortrag in der Warbirds-Area in Oshkosh.

Manche Augenblicke gibt’s nur einmal im Leben, und einen solchen Moment im Leben von NeunundzwanzigSechs zeigt dieses Bild. Unsere Autoren sind über die halbe Welt verteilt: Günther Rall und Kurt Braatz leben in Oberbayern, Julius Meimberg in Westfalen, Paul Zorner im Saarland, Bud Anderson in Kalifornien und Wolf Czaia auf einer Insel im äußersten Nordwesten der USA. Aber am 30. Juli gelang es, vier der sechs auf einem einzigen Bild zusammenzubringen. Der Ort: Oshkosh, Wisconsin. Der Anlaß: Vorträge der vier bei der diesjährigen EAA AirVenture, dem weltweit größten Treffen von Besitzern und Bewunderern sogenannter Experimentals – einzeln zugelassener, seltener Flugzeuge aus der gesamten Luftfahrtgeschichte. Die Fotografin: Connie Bowlin, Warbird-Pilotin und weltweit einzige Frau mit einer Typenberechtigung für die B-17 Flying Fortress.

Und warum da so gelacht wird? Weil Bud Anderson versucht, seinem langjährigen Freund Günther Rall noch schnell seine Mütze der 357th Fighter Group aufzusetzen, bevor Connie auf den Auslöser drückt. Denkste…

Aber nun der Reihe nach.

Langatmige Erläuterungen zu Oshkosh erübrigen sich wohl vor Besuchern dieser Website, und daher seien nur einige nüchterne Zahlen genannt. Ende Juli/Anfang August besuchten rund 580.000 Menschen die AirVenture, und da es sich eigentlich um ein Pilotentreffen handelt, trudelten zwischen 10.000 und 12.000 Flugzeuge dort ein. Der Flughafen Oshkosh, ungefähr so groß wie der Hamburger Flughafen, ist mit dieser Luftflotte restlos zugeparkt und bietet ein ziemlich imposantes Bild. Unter den Tragflächen wird gezeltet, an den Rollwegen und Startbahnen gibt es von 06:00 Uhr morgens bis 20:00 Uhr abends pausenlos Interessantes zu sehen. Oshkoshs Tower hat in der Veranstaltungswoche mehr als das dreifache des Verkehrs zu bewältigen, der im gleichen Zeitraum am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen anfällt. Wer mehr wissen will: http://www.airventure.org/.

Für die klassischen Militärflugzeuge sind zwei riesige Abstellflächen reserviert, auf denen es vor fliegenden Raritäten nur so wimmelt. Mustangs gibt es im Dutzend, Corsairs ebenso, dazwischen finden sich P-38 Lightnings, P-40 Kittyhawks, P-47 Thunderbolts, sämtliche Grumman-Jäger des Zweiten Weltkriegs, Hawker Hurricanes und Furies, Spitfires, Jak-9. Nicht etwa hinter Absperrgittern, sondern für jedermann zugänglich. Wer es lieber mehrmotorig mag, kann zwischen verschiedenen B-25, A-26, weiteren Zweimots der USAAF, einer Lancaster aus Kanada und zwei B-17 wählen. Freunde strahlgetriebener Jäger treffen in Oshkosh auf F-86, F-5, MiG-15 und MiG-21 sowie Unmengen von Jet-Trainern, alle in Privatbesitz und besser in Schuß als zu ihren aktiven Zeiten.

Aber es wird nicht nur ausgestellt, sondern auch vorgestellt. Connie Bowlin hat zwischen all den Kostbarkeiten – es waren dieses Jahr genau 355 – eine Vortragsreihe mit dem Titel „Warbirds in Review“ etabliert. Zweimal täglich wird jeweils eines der Kriegsflugzeuge auf eine Zuschauerplattform gerollt, und ein Veteran spricht über seine Erlebnisse mit dem betreffenden Flugzeugmuster. Die beiden angekündigten Messerschmitts – eine Bf 109 E aus Texas und eine spanische aus Kanada – fielen leider in letzter Minute aus. Also berichteten Günther Rall und Robert J. „Shortie“ Rankin vor einer Thunderbolt über ihr erstes Zusammentreffen am 12. Mai 1994 über dem Westerwald. Es endete damit, daß Rankin mit einem Feuerstoß aus den Waffen seiner P-47 den Deutschen von seinem linken Daumen befreite und zum Fallschirmabsprung zwang.

Und hier sind wir an einem entscheidenden Punkt: daß Oshkosh nämlich nur vordergründig für fliegendes Schwermetall steht. Der wahre Charakter dieses Treffens liegt in den Begegnungen zwischen ehemaligen Gegnern, zwischen Menschen aller Generationen und Ursprünge, die durch die Liebe zum Fliegen verbunden sind. Da sitzt Chesley Sullenberger, der Flugkapitän, der am 15. Januar 2009 einen Airbus mit 155 Passagieren auf dem Hudson River notwasserte, fasziniert zwischen den Zuhörern. Hollywood-Legenden wie Cliff Robertson und Harrison Ford outen sich als Leser der Rall-Biographie und freuen sich wie kleine Jungs darüber, daß sie dem Autor nun endlich mal die Hand schütteln können. Der ehemalige X-15-Pilot und mehrfache Space-Shuttle-Commander Joe Engle steht geduldig für eine Widmung in sein Buch an. Nebenan fachsimpelt Thomas Enders, der Airbus-Chef, mit Wolf Czaia über dessen Testfliegerei mit der neuen Me 262.

Nach drei prall gefüllten Tagen verbrachten Günther Rall und Kurt Braatz noch eine halbe Woche bei Connie und Ed Bowlin in Georgia. Dorthin ging’s natürlich nicht mit einem Linienflug, sondern in einer DC-3 Dakota. Die Bowlins haben in Griffin bei Atlanta mit 21 weiteren Piloten einen eigenen Flugplatz gebaut, dessen 900 Meter lange Asphaltpiste mit jedem Wohnhaus der Eigentümer verbunden ist. Wo Normalsterbliche eine Garage besitzen, steht hier jeweils ein Hangar. Im Falle der Bowlins enthält er zur Zeit eine North American T-6, eine Piper Cub, eine Beech Bonanza, eine zweimotorige Cessna 421 und eine Van’s RV10A. Wer Lust hat, geht von Wohnzimmer direkt rein, zieht sich eine Maschine ins Freie und fliegt ein wenig. Das haben die beiden deutschen Gäste dann auch weidlich genutzt!

Hier sind nun einige Bilder dieser denkwürdigen Reise und der Link zu einer Reportage, die Kurt Braatz für die Süddeutsche Zeitung über Oshkosh geschrieben hat: http://www.sueddeutsche.de/automobil/308/483750/text/

Ach, und bevor wir es vergessen: die Palette unserer Autoren wird sich demnächst erweitern. Um einen Franken. Mehr wird noch vor Weihnachten an dieser Stelle verraten!

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