Bud Anderson (13. 01. 1922 – 17. 05. 2024)

Oshkosh 2009, Gipfeltreffen der NeunundzwanzigSechs-Autoren. Von links: Wolfgang Czaia, Günther Rall, Bud Anderson, Kurt Braatz. (Quelle: Braatz)

Er war das letzte noch lebende ‚Triple Ace‘ der US Air Force: Bud Anderson hatte im Zweiten Weltkrieg 16 Luftsiege über Deutschland erzielt und gehörte damit zu den erfolgreichsten Jagdfliegern der Westalliierten. Wer das angesichts der großen Zahl deutscher Jagdflieger abtut, die 100 und mehr Abschüsse erreichten, sollte nachrechnen: Anderson war ganze zehn Monate und 116 Feindflüge im Fronteinsatz gewesen, deutsche Asse hatten ihre Erfolge meist bei einem Vielfachen an Einsätzen über mehrere Jahre kumuliert. Wäre Anderson damals auf der falschen Seite geflogen und hätte er den Krieg überlebt – ihm wäre mindestens das Ritterkreuz sicher gewesen.

Als Sohn eines Farmers schwedischer Herkunft am Rande der Sierra Nevada aufgewachsen, begeisterte er sich schon in seiner Jugend für die Fliegerei. Kurz nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941 meldete er sich zur Ausbildung als Militärflugzeugführer. Knapp zwei Jahre später wurde er als Pilot der 357th Fighter Group nach England verschifft und flog nun Begleitschutz für amerikanische Bomber über Deutschland. Die Jagdgruppe brauchte nur wenige Wochen, um sich sogar in der deutschen Propaganda einen Namen zu machen: die Yoxford Boys. Zu ihnen zählten neben dem überragenden Anderson der 20jährige ‚Kit‘ Carson, Don Bochkay, Johnny England, ‚Pete‘ Peterson und ein rauflustiger Hillbilly namens Chuck Yeager.

Bud Anderson blieb nach Kriegsende bei der Air Force, wurde Fighter-Testpilot und schließlich Deputy Director of Flight Test in Edwards AFB. Sein Flugbuch weist über 130 Typen und mehr als 7.500 Flugstunden auf. Noch Mitte der 1960er Jahre flog er Kampfeinsätze auf F-105 in Vietnam, und bis in sein neuntes Lebensjahrzehnt beeindruckte er auf den großen amerikanischen Air Shows mit der meisterlichen Beherrschung des Flugzeugs, das am Beginn seines Ruhms stand: der P-51 Mustang. Seine Erinnerungen unter dem Titel „…zum Fliegen und Kämpfen“ zählen zu den packendsten Biographien der Luftfahrtgeschichte. An seinem 100. Geburtstag wurde er zum Brigadegeneral befördert, nachdem er es während seiner aktiven Zeit nur zum Colonel gebracht hatte, weil er keine Schreibtischkarriere machen wollte. Über das Pentagon sagte er: „Das ist wie ein termitenverseuchter Baumstamm, der unkontrolliert den Colorado River hinuntertaumelt, und immer die Termiten, die gerade oben sitzen, glauben das Ganze zu steuern.“

Früh pflegte er Verbindungen zur deutschen Gemeinschaft der Jagdflieger. Höhepunkt der jahrelangen Kontakte: eine Kranzniederlegung anläßlich eines Jahrestreffens der Gemeinschaft am Ehrenmal in Geisenheim mit dem Testpiloten und Astronauten Joe Engle. Anderson: „Ich fühlte mich schlagartig wie mitten in dem Film ‚The Blue Max‘.“ Eine tiefe Freundschaft verband ihn mit dem deutschen Jagdflieger-As und späteren Luftwaffen-Inspekteur Günther Rall. Ihr hat er auf seiner persönlichen Website toflyandfight.com ein bewegendes Denkmal gesetzt. Am frühen Abend des 17. Mai 2024 ist Clarence E. ‚Bud‘ Anderson im Alter von 102 Jahren friedlich im Familienkreis eingeschlafen.

Lesetipp: Clarence E. ‚Bud‘ Anderson: …zum Fliegen und Kämpfen. NeunundzwanzigSechs 2008.
Erhältlich unter www.neunundzwanzigsechs.de.

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